Bundeskonferenz

 

BuKo-Arbeitskreis „Bewertung“ erarbeitet Dokumentationsprofil für Pfarrarchive

 

 

In der Zeit von Dezember 2021 bis Oktober 2023 hat eine Arbeitsgruppe des Arbeitskreises Bewertung der Bundeskonferenz ein umfassendes Dokumentationsprofil für Pfarrarchive erarbeitet. Das bewusst offene gestaltete Profil ist als Leitfaden für die systematische, effektive und effiziente Überlieferungsbildung wie auch für die archivische Bewertung in den deutschen Erz-/Diözesen konzipiert.

Den nachfolgenden Einleitungstext, das Schaubild sowie die angefügten PDF-Dateien der Matrix und der Bewertungsempfehlungen für Finanzunterlagen finden Sie dauerhaft unter dem Menüpunkt Rechtliches/Arbeitshilfen.

 

Einleitung zum Dokumentationsprofil für Pfarrarchive

Nach einem entsprechenden Votum der Bundeskonferenz der kirchlichen Archive in Deutschland und ihres Arbeitskreises Bewertung vom Jahresbeginn 2020 hat sich – coronabedingt etwas verzögert – am 3.12.2021 eine Aktionsgruppe (AG) „Dokumentationsprofil Pfarrarchive“ konstituiert und in 14 Sitzungen der Aufgabe gestellt, ein Dokumentationsprofil als Grundlage für die systematische, effektive und effiziente Überlieferungsbildung und archivische Bewertung von Pfarrarchiven in den deutschen Erz-/Diözesen zu erarbeiten.(1) Das Ergebnis wurde auf der Jahrestagung der Bundeskonferenz am 9.11.2023 vorgestellt.

Was macht eine Pfarrei, was macht eine Kirchengemeinde – unter Berücksichtigung vergangener und künftiger Entwicklungen – heute aus? Diese Grundüberlegung stand am Anfang der AG-Arbeit. Das Ergebnis der Überlegungen: ein Grundgerüst des Lebensbereichs Pfarrei/Kirchengemeinde, bestehend aus 5 Lebenswelten, die zum einen die 4 Grundvollzüge von Kirche und die Aufträge für die Kirche (Diakonie – Dienst am Nächsten, Zeugnis – Verkündigung, Gottesdienst, Gemeinschaft) widerspiegeln und zum anderen auch die politische und die wirtschaftliche Verwaltung berücksichtigen:
1. Seelsorge und Dienst am Nächsten
2. Glaube, Gottesdienst und Verkündigung
3. Gemeindeleben
4. politische Verwaltung der Pfarrei
5. wirtschaftliche Verwaltung der Pfarrei
Diese Grundkategorisierung deckt sich weitgehend mit Peter Webers eingangs der 2000er Jahre vorgelegtem Entwurf für ein Dokumentationsprofil für Pfarrarchive und war nach Ansicht der AG ausreichend, um den lokalen Kosmos einer Pfarrei in all seinen Facetten abzubilden.(2)

Die weitere Arbeitsweise ist induktiv gewesen. Sie setzte bei den realen Gegebenheiten, wie sie die Pfarraktenpläne der in der AG vertretenen Diözesen abbilden, an. In praxi wurden den 5 Lebenswelt-Kategorien die entsprechenden Positionen der weitgehend übereinstimmenden diözesanen Pfarraktenpläne zugeordnet. Dabei fungierte der Rottenburger Plan als Leitplan. Das Ergebnis war eine opulente, fast 40 Seiten zählende Tabelle (Matrix I), die für jede Lebenswelt die zuordenbaren Aktionsfelder (= Spezifizierung I) detailliert aufführte.

Ausgehend von dieser Matrix wurde sukzessive ein mehrschichtiges Profil für den Lebensbereich Pfarrei entwickelt, das grundlegende Quellen, Bewertungsempfehlungen und ergänzende Überlieferungen berücksichtigt (= Matrix II). Die von Diözese zu Diözese häufig sehr stark variierenden Begrifflichkeiten v.a. hinsichtlich pastoraler und verwaltungsmäßiger Einrichtungen und ihrer Gremien wurden durch Verallgemeinerungen und Abstrahierungen, durch beispielhafte Nennungen oder mittels Umschreibungen ersetzt.

Bei der vorab beschriebenen Vorgehensweise zeigte sich einerseits sehr schnell, welche Aktionsfelder für ein Dokumentationsprofil von Bedeutung sind und welche vernachlässigt werden können (z.B. Welt- und Landeskirche, Bischöfliches Ordinariat, Dekanate). Auch ließ sich sehr gut erkennen, welche Bereiche kaum oder gar nicht durch pfarramtliches Schriftgut abgedeckt und wo Lücken nach Möglichkeit durch anderweitige Überlieferungen zu schließen sind (z.B. personenbezogenes Schriftgut zu kirchlichen Mitarbeiter/innen).

Zum anderen offenbarten sich sehr früh die Grenzen eines diözesanübergreifenden Dokumentationsprofils für Pfarrarchive. Die fehlende Homogenität in der Pfarreienlandschaft bereits innerhalb einer Diözese, umso mehr noch diözesanübergreifend und die daraus resultierende Unausgewogenheit in Sachen Schriftgutverwaltung ließen es nicht zu, die ein Dokumentationsprofil kennzeichnenden Dokumentationsziele (d.h. Kriterien, die sich aus der aktuellen Bedeutung der für die einzelnen Lebensbereiche ausgewiesenen Aktionsfelder ableiten lassen) und Dokumentationsgrade (also die Überlieferungsdichte oder Menge der Überlieferung in einer an Aussagekraft u. Kerninhalten ausgerichteten Verdichtung) verbindlich zu definieren.

Nur die Kenntnis und Bewertung der jeweiligen Provenienzstelle kann dies leisten.

Vor diesem Hintergrund will die AG betont wissen, dass das vorliegende Profil lediglich eine Orientierungs- oder Arbeitshilfe sein kann, um in den einzelnen Diözesen gemäß der jeweils eigenen Überlieferungslagen zu verantwortlichen Entscheidungen zu gelangen.

Arbeitsergebnisse
Die Arbeitsergebnisse wurden in tabellarischer Form (Matrix zu den einzelnen Lebenswelten) und in grafischer Form (Schaubild) zusammengeführt. Die Matrix spezifiziert die einzelnen Lebenswelten in mehrfacher Abstufung, sie zeigt mögliche Mehrfachzuweisungen und Überschneidungen auf und macht Bewertungsvorschläge.

Das Schaubild, in dessen Zentrum die „Träger pfarrlichen Lebens“ gerückt sind, ist so angelegt, dass es
- der besseren Übersicht wegen nur die Matrixrubriken „Lebenswelten“ und Aktionsfelder („Spezifizierung 1“) berücksichtigt,
- mit der Nähe zum Zentrum die Wertigkeit von Bereichen ausdrückt und
- mit der „Grenzlage“ (auf den Linien) Mehrfachzuordnungen andeutet.

Wir wünschen den vorliegenden Empfehlungen eine gute Aufnahme im Kreis der katholischen Archive Deutschlands. Anmerkungen und Ergänzungen sind willkommen und bitten wir an die Aktionsgruppe zu mailen.

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(1) Mitglieder der AG waren:
- Dr. Christopher Sterzenbach und Michael Volpert (Archiv des Erzbistums München und Freising)
- Janina Beseler und Peter Papp (beide Diözesanarchiv Limburg)
- Oliver Göbel und Thomas Oschmann (beide Diözesanarchiv Rottenburg; Oliver Göbel ist zum 30.9.2023 ausgeschieden. An seine Stelle trat Kathrin Siekmann, ebenfalls Diözesanarchiv Rottenburg). Die Koordination, Organisation und Leitung der AG lagen bei Thomas Oschmann.
(2) s. Peter Weber, Erarbeitung und Umsetzung eines Dokumentationsprofils, in: BAKKD 7/ 2003, S. 111-128.

 

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Dokumentationsprofil Pfarrarchive_Einleitung

Dokumentationsprofil Pfarrarchive_Matrix

Dokumentationsprofil Pfarrarchive_Schaubild

Bewertungsempfehlungen für Finanzunterlagen_Einleitung

Bewertungsempfehlungen für Finanzunterlagen_Tabelle

 

 

Text: Thomas Oschmann / Foto: BuKo-Arbeitskreis „Bewertung“