Erzbistum München und Freising

 

Landshuter Schätze: Neuerwerbungen von Archiv und Bibliothek des Erzbistums

 


Foto rechte Seite: Wallfahrer vor dem hl. Wolfgang. Holzschnitt, 1516
Foto linke Seite: Sakristei-Inventar der Pfarrkirche Landshut-St. Martin,
Mitte 15. Jh. (Vorderseite)

 

Zwei bedeutende Neuwerbungen mit Bezug zur niederbayerischen Hauptstadt Landshut gelangen Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising kürzlich bei einer Versteigerung des Berliner Auktionshauses Bassenge: Ein Inventar der Pfarrkirche Landshut-St. Martin aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und ein früher Landshuter Druck der Lebensbeschreibung des hl. Wolfgang mit zahlreichen Holzschnitt-Illustrationen. Im ersten Fall konnte dadurch ein Verlust nach langer Zeit wieder gut gemacht, im zweiten ein Sammlungsschwerpunkt mit diözesanem Bezug ausgebaut werden. Dies waren für Archiv und Bibliothek des Erzbistums Gründe, trotz beschränkter Haushaltsmittel den Erwerb zu versuchen.

Das Landshuter Sakristei-Inventar, auch als „Schatzverzeichnis“ bezeichnet, umfasst ein beidseitig beschriebenes Pergamentblatt im Format von 34 x 20 cm. Es gehörte ursprünglich zum Archiv der Pfarrkirche St. Martin. Zu einem unbekannten Zeitpunkt (jedenfalls nach 1854) kam es dort aber abhanden und wurde 1913 erstmals als im Antiquariatshandel befindlich erwähnt. Seit 1968 befand es sich in der Privatsammlung des Heidelberger Germanisten Prof. Dr. Gerhard Eis (1908–1982), die nun im Rahmen der genannten Auktion aufgelöst wurde. Prof. Eis ließ das Dokument durch einen seiner Schüler wissenschaftlich bearbeiten und im Volltext publizieren: Peter Assion, Ein Landshuter Schatzverzeichnis aus dem 15. Jahrhundert, in: Ostbairische Grenzmarken 11 (1969) 303–312.

Anlass zur Abfassung des Inventars gaben wohl Neubau und -einrichtung der Sakristei im Jahr 1446; nach 1458 wurde die Auflistung durch Zusätze ergänzt. Als Verfasser darf einer der Mesner oder der „Kirchpröpste“ (Vorgänger der heutigen Kirchenpfleger) von St. Martin angenommen werden. In deutscher Sprache sind rund 130 Objekte aufgelistet: liturgische Geräte und Reliquiare, Mess- und Gesangbücher, wertvolle und einfachere Messgewänder sowie weitere Textilien. Von besonderem Interesse für die Landshuter Stadtgeschichte ist, dass dabei verschiedentlich die Stifter der einzelnen Gegenstände genannt werden. Das umfangreiche Pfarrarchiv Landshut-St. Martin wird seit 1991 im Diözesanarchiv verwahrt.

Von 1513 an wirkte an der Pfarrkirche St. Martin der Priester Johann Weißenburger (1465–1536) als „Altarist“. Bereits zuvor in seiner Heimatstadt Nürnberg auch als Drucker tätig, eröffnete er die erste Buchdruckerei Landshuts, die er bis 1533 betrieb. 1516 erschien bei ihm eine Lebensbeschreibung des heiligen Bischofs Wolfgang von Regensburg (924–994). Das lateinische Einleitungs- und das Abschlussgedicht verfasste Wolfgang Seidel (1491–1562), der an der Landshuter Lateinschule studiert hatte und in diesem Jahr in die Benediktinerabtei Tegernsee eintrat; er erwarb sich später einen Ruf insbesondere als Prediger. Die rund 50 ganzseitigen Holzschnitte mit Szenen aus dem Leben des Heiligen, die das Werk illustrieren, werden vier verschiedenen Künstlern zugeschrieben. Anhand der Abbildungen werden die wichtigsten Stationen im Leben des Heiligen erläutert. Angefügt sind u.a. einige Wunderberichte (fol. 57r–60r; Scan 113–119) und Gebete. Möglicherweise diente das handliche Buch (im Format von 15 x 10,5 cm) Gläubigen, die zur Kirche St. Wolfgang am Wolfgangsee pilgern wollten. Hier im Salzkammergut wie im Bistum Regensburg wird heuer das 1.100-Jahr-Jubiläum der Geburt des hl. Wolfgang mit einer Vielzahl von Veranstaltungen begangen.

Von diesem Werk waren im Bibliotheksverbund Bayern bisher nur in der Bayerischen Staatsbibliothek, den Universitätsbibliotheken München und Eichstätt-Ingolstadt und der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg Exemplare nachgewiesen. Das nun von der Diözesanbibliothek erworbene trägt auf der ersten Seite einen alten Besitzvermerk des Augustiner-Chorherrenstifts Baumburg (Landkreis Traunstein).

Mit diesem Kauf sind in der Diözesanbibliothek nunmehr 35 Titel der für die diözesane Buch- und Kirchengeschichte bedeutenden Landshuter Werkstatt vorhanden. Dazu kommt im Archiv des Erzbistums der Einblattdruck eines Mandats, mit dem Fürstbischof Philipp Pfalzgraf bei Rhein 1525, als ein Übergreifen des Bauernkriegs auf sein Herrschaftsgebiet drohte, seine Untertanen zur Ruhe aufforderte (AEM H10, S. 129 [Bild 156 im Digitalen Archiv]).

 

 

Text: Dr. Roland Götz / Fotos: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising