Erzbistum München und Freising

 

Praktikum im Kirchenarchiv: Beitrag des Diözesanarchivs zur archivarischen Ausbildung

 


Fotos: (links) Referendarinnen und Referendare der Bayerischen Archivschule mit dem
Ergebnis ihrer Praktikumsarbeit; (rechts) Bearbeitung der Akten der Freisinger Geistlichen
Regierung zum Tiroler Bistumsteil

 

In schöner Regelmäßigkeit absolvieren angehende Archivarinnen und Archivare unterschiedlicher Ausbildungsgänge mehrwöchige Praktika im Archiv des Erzbistums München und Freising. Diese dienen dazu, Einblicke in wichtige andere Archivsparten zu gewinnen und so die künftige Zusammenarbeit zu fördern. Feststehende Teile des Praktikumsprogramms sind ein Überblick über Aufgaben und Tätigkeitsbereiche eines Diözesanarchivs, ein Besuch im Archiv- und Bibliotheksdepot in Neufahrn bei Freising und eine Einführung in die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Archiv-Software ActaPro, die Digitalisierungsstrategie und die umfangreichen Online-Angebote des Archivs des Erzbistums. Daneben bearbeiten die Praktikantinnen und Praktikanten jeweils eine konkrete Aufgabe in der Ordnung und Verzeichnung kirchlicher Unterlagen. Dies gibt Gelegenheit, neben methodischen auch vielfältige inhaltliche Themen anzusprechen.

Die junge Historikerin, die im September zum Praktikum ins Archiv des Erzbistums kam, tat dies im Rahmen ihrer Ausbildung zur Diplom-Archivarin (FH) beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe bzw. an der Archivschule Marburg – Hochschule für Archivwissenschaft. Das Haus war ihr nicht unbekannt, hat sie doch ihr Geschichtsstudium in München absolviert und ihre Magisterarbeit im Fach Bayerische Geschichte anhand von Quellen aus dem Archiv des Erzbistums verfasst: „Das Salbuch der Pfarrei Fürholzen. Biografie und Selbstdarstellung eines barocken Pfarrers um 1750“.

Die Vertrautheit mit Handschriften der Frühen Neuzeit kam ihr bei der Bearbeitung von Akten zum ehemaligen Tiroler Anteil des Bistums Freising zugute. Die westlich von Kufstein gelegenen Pfarreien Angath, Breitenbach und Langkampfen gehörten bis zur Neuziehung der bayerischen Bistumsgrenzen 1821 zum Bistum Freising, lagen jedoch in habsburgischem Herrschaftsgebiet. Dies erforderte vielfach Spezialregelungen, was die Freisinger Geistliche Regierung zu einer separaten Ablage der „Tiroler Akten“ veranlasste. Für diesen Teil der Registratur ist das originale Findbuch von 1814 enthalten. Dieses und die auf einem Teil der Akten noch vorhandenen Altsignaturen ermöglichten es, den etwa zwei Regalmeter umfassenden Bestand wieder in die ursprüngliche Ordnung zu bringen und so neu zu verzeichnen. Im Rahmen des Praktikums konnte dies mit ca. 270 Archivalieneinheiten geschehen, die zugleich in säurefreie Mappen neu verpackt wurden.

Sechs Referendarinnen und Referendare der Bayerischen Archivschule waren von Mitte Oktober bis Mitte November im Archiv des Erzbistums. Es handelt sich um bereits promovierte Historiker:innen sowie einen auf Kirchengeschichte spezialisierten Theologen, die sich durch eine anspruchsvolle Zusatzausbildung für den staatlichen höheren Archivdienst qualifizieren. Der zweijährige „Vorbereitungsdienst“ gliedert sich in drei Theorieabschnitte (mit insgesamt 14 Monaten Dauer) und zwei Praktikumsabschnitte (mit zehn Monaten).

Ihnen wurde die Überarbeitung des vorhandenen, jedoch unzulänglichen digitalen Findbuchs zu einem der zentralen Bestände des Archivs anvertraut: der Akten der Erzbischöfe von München und Freising von der Bistumserrichtung 1821 bis zum Jahr 1917 (in dem mit dem Amtsantritt von Erzbischof Michael Kardinal von Faulhaber eine neue Epoche der Aktenbildung begann). Es galt, die vorhandenen Angaben zu Betreff und Laufzeit zu überprüfen, detailliertere Inhaltsangaben zu verfassen und dabei auch den jeweiligen Erhaltungszustand zu dokumentieren. Die 43 in den Akten enthaltenen, oft schwer lesbaren Papsturkunden waren einzeln zu erfassen. Insgesamt wurden auf diese Weise 354 Archivalieneinheiten bearbeitet. Dabei ergab sich für die Praktikantinnen und Praktikanten ein vertiefter Einblick in kirchenrechtliche Zusammenhänge, die kirchliche Verwaltung und die Tätigkeit eines Erzbischofs.

Die Ergebnisse beider Praktika werden nach Vervollständigung bzw. weiterer Überarbeitung in das Online-Angebot des AEM eingehen.

 

 

Text: Dr. Roland Götz / Foto: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising