Empfehlung

 

Vom Wert der Pfarrarchive. Positionspapier der Bundeskonferenz, 3. November 2022

 

 

1. Pfarrarchive als „Gedächtnis von Pfarreien“
Über eine reine Erinnerungsgeschichte, über rechtliche Beweismittel usw. hinaus sind Pfarrarchive wesentliche Zeugen und Agenten des pastoralen Wirkens der Kirche. Kirche lebt „vor Ort“ und – immer noch – in besonderer Weise in den Pfarreien/Kirchengemeinden, weswegen es bei ihnen originäre und einzigartige Informationen über den „Weg der Kirche durch die Zeit“ gibt.

2. Vorgaben des Archivgesetzes
Um sicherzustellen, dass die historische Überlieferung der kirchlichen Institutionen gesichert, erschlossen und nutzbar gemacht wird, haben die deutschen Bischöfe gemeinsam gesetzliche Vorgaben verabschiedet und je für sich in allen deutschen Diözesen in Kraft gesetzt. Die „Anordnung über die Sicherung und Nutzung der Archive der katholischen Kirche (KAO)“ definiert in sehr eindeutiger Weise, was seitens der verschiedenen Akteure im Bereich der Kirche dauerhaft aufzuheben und dementsprechend für die Kirche und die Gesellschaft zugänglich zu machen ist; kirchliche Archive sind offene, transparente Informations-, Lern- und Begegnungszentren mit einem eindeutigen Zukunftsauftrag, „aus dem Gestern im Heute ins Morgen“.

3. Aufgaben der Archiveigner
Alle kirchlichen Institutionen im Bereich der deutschen Bistümer sind verpflichtet, die regelkonforme Archivierung ihrer Verwaltungsunterlagen sicherzustellen. Angesichts einer überbordenden Aufgabenfülle und einer oft prekären Personalsituation sehen sich gerade in den Pfarreien und Pfarrverbänden die Verantwortlichen jedoch oft überhaupt nicht in der Lage, zu sachgerechten und verantwortbaren Lösungen zu kommen. Sie müssen Räume zur Verfügung stellen, in denen die Unterlagen sicher aufbewahrt und über die kommenden Jahrhunderte erhalten werden können. Sie müssen das Archivgut so erschließen, dass es für vielerlei Fragen zugänglich wird. Sie sind verpflichtet, diesen Zugang für Interessierte auch tatsächlich zu öffnen und müssen dabei gleichzeitig garantieren, dass die schutzwürdigen Belange von Betroffenen gewahrt bleiben. Für die Erfüllung all dieser Pflichten fehlen oft genug Zeit und Sachkenntnis – zuweilen mag aber auch die Einsicht fehlen, dass es sich um Pflichten handelt, die nicht ins persönliche Belieben gestellt sind.

4. Unterstützung durch die Generalvikariate/Ordinariate
Die Generalvikariate/Ordinariate sind in ihrem Selbstverständnis dazu aufgerufen, ihre Pfarreien in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Sie tun dies insbesondere durch die Bereitstellung und Unterhaltung von Immobilien und Personal und durch die Zuweisung von Sachmitteln. In Zeiten schwindender Ressourcen ist dabei ein besonders scharfer Blick gefragt, wie durch einen effizienten Mitteleinsatz die geforderten Ziele erreicht werden können. Zumeist verbietet sich dabei ein einheitliches Vorgehen nach dem „Gießkannenprinzip“ ebenso wie die spontane Entscheidung im Einzelfall. Da die Pfarrarchive das Gedächtnis der Pfarreien sind, können sie nicht aus der primären Sorge der Verantwortlichen in den Pfarreien/Kirchengemeinden entlassen und zum Fürsorgeobjekt gemacht werden. Vielmehr sind aus der jeweils örtlichen Situation gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln, die zentrale Serviceangebote und die örtliche Verantwortungs- und Entscheidungssituation in Einklang bringen.

5. Der Beitrag der Bistumsarchive
Als diözesane Kompetenzzentren für alle Fragen der Archivierung müssen die Bistumsarchive als Partner für die Lösung der drängenden Herausforderungen um die Pfarrarchive bereitstehen, wobei es für das „wie“ ihrer Unterstützung kein Patentrezept gibt resp. geben darf, da sowohl die diözesanen Situationen und Entwicklungen wie auch die personellen und sonstigen Möglichkeiten der Bistumsarchive verschieden sind. Allerdings muss – durchgängig und überall – eine Art „Vetorecht“ des jeweiligen Bistumsarchivs bestehen, damit in Pfarreien (und anderen kirchlichen Einrichtungen) keine Entscheidung bezüglich des eigenen Archivs getroffen wird, die den Bestimmungen des Kirchlichen Archivgesetzes widersprechen.

 

Das Positionspapier steht unter Rechtliches/Arbeitshilfen auch zum Download bereit.

 


Text: Bundeskonferenz der kirchlichen Archive in Deutschland / Foto: Archiv des Bistums Speyer