Erzbistum München und Freising
Zwischen Leonhardifahrt und Traktorensegnung. Dokumentation religiösen Brauchtums in den 1950er Jahren
Foto: Leonhardi-Fahrt in Bad Tölz (Foto-Postkarte aus dem
Gebirgskarten-Verlag Peter Triem, München)
Immer wieder in den letzten zwei Jahrhunderten mussten die Pfarrer für das Münchner Ordinariat den aktuellen Stand ihrer Pfarreien beschreiben oder schriftliche Ausarbeitungen zu pastoralen Themen einsenden. Die Pfarrer mag dies weniger gefreut haben. Doch sie schufen damit höchst aufschlussreiche Quellen, die Einblicke in das kirchliche Leben der näheren und ferneren Vergangenheit erlauben.
Im Archiv des Erzbistums München und Freising umfasst der Bestand „Pastoralkonferenzen“ den Zeitraum 1943-1965. Er versammelt die Einsendungen zu Themen, die das Ordinariat vorgab und mit denen sich die Geistlichen eines Dekanats bei ihren regelmäßigen Treffen zu befassen hatten. Darin geht es um verschiedenste pastorale Herausforderungen der jeweiligen Gegenwart (wie die Auswirkungen von Krieg und NS-Diktatur, die Integration von Flüchtlingen oder die Situation der christlichen Ehe), um Fragen des Religionsunterrichts, aber auch um historische Themen, die die Pfarrer anhand ihres Pfarrarchivs bearbeiten sollten.
Die vierte „These“ des Jahres 1958 hatte das „noch erhaltene, absterbende oder bereits abgestorbene religiöse Brauchtum des Seelsorgsbezirkes“ zum Thema. Für Vergangenheit und Gegenwart sollten sich die Pfarrer auf persönliche Erlebnisse, mündliche Berichte und historische Aufzeichnungen stützen. Sie sollten aber auch zukunftsweisende Anregungen und Vorschläge zur Erhaltung oder Wiederbelebung wertvoller Bräuche geben und Ansätze zur Bildung neuen Brauchtums aufzeigen. Besonders interessant macht die Berichte der Umstand, dass sie aus einer gesellschaftlichen Umbruchszeit stammen, in der nicht nur in Kirche und religiösem Brauchtum vieles in Frage stand.
Bisher wurden die rund 1.600 (!) Seiten zum Thema nie vollständig ausgewertet. Ein Beitrag in der jüngsten Ausgabe des Magazins „Gemeinde creativ“, die dem Thema „Bräuche und Riten im Wandel“ gewidmet ist, bietet einige Streiflichter, die zur weiteren Forschung anregen sollen.
Die Berichte zur Pastoralkonferenz von 1958 sind – nach Dekanaten geordnet – online unter folgenden Signaturen über das Digitale Archiv des Erzbistums einsehbar:
PastK119 (Dekanate Abens, Aibling, Baumburg, Chiemsee)
PastK120 (Dekanate Dorfen, Ebersberg, Egenhofen, Erding, Stadtkommissariat Freising, Dekanate Fürstenfeldbruck, Gars, Isen, Stadtkommissariat Landshut, Dekanate Miesbach, Mühldorf)
PastK121 (Dekanate München-Innere Stadt, München-Nordost, München-Nordwest, München-Süd, München-Südost, München-Südwest, München-Land)
PastK122 (Dekanate Rosenheim, Rottenbuch, Scheyern, Schloßberg, Seeon, Tegernsee, Teisendorf, Tittmoning)
PastK123 (Dekanate Tölz, Traunstein, St. Veit bei Neumarkt, Wartenberg, Wasserburg, Weihenstephan, Werdenfels, Wolfratshausen).
Text: Dr. Roland Götz / Foto: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising